Stellt euch vor, ihr würdet mit eurem Liebsten nach einem langen, arbeitsreichen Tag nett zum Essen gehen. Szenario im Gastraum: Die nette Bedienung weist euch einen freien Tisch zu, ihr bestellt euch lecker Essen und – stellt fest, dass 50 cm neben eurem Tisch eine Frau und ein Mann lautstark miteinander reden. Sie streiten nicht, nein sie lästern über ihre Arbeitskollegen, ihre Vorgesetzten, ihre Haltungsschäden aufgrund der Büroarbeit, das Verhalten von Frau Sch. in der Abteilung, die Anforderungen, warum es dem Kollegen S. nicht aufgefallen ist, dass er kein Krankengeld erhalten hat….
Keine Redepause. Totale Gleichberechtigung. Der Mann stünde in der Anzahl der abgesonderten Substantive, Adjektive, Verben, Nomen… der Frau in nichts nach. Ihr würdet merken, mit angenehmen Abschalten und in Ruhe essen würde das nichts werden. Ihr würdet also freundlich dem benachtbarten Tisch zu verstehen geben, dass ihr euch wie in einem Büro sitzend fühlt. Ob es nicht möglich wäre, diese Situation in eine für beide sozial verträgliche Stimmung zu hieven. Die anstrengend strenge Tischnachbarin würde daraufhin erwidern, dass du doch bitteschön versuchen solltest abzuschotten. Sie könnten jetzt keinerlei Rücksicht nehmen, da sie Arbeitskollegen wären und einen harten, emotionalen Arbeitstag hinter sich hätten.
Du würdest dich aber nicht so leicht geschlagen geben und immer noch freundlich um eine Lautstärkereduktion von seiten des Nachbartisches bitten. Die Arbeitskollegen von nebenan würden ihren Sermon wieder aufnehmen und du bereutest den Verzicht auf ein alkoholisches Getränk zum Essen.
Dürftest du deinem Unmut über eine solch geartete Situation nun z.B. mittels eines Blogbeitrages Luft machen? Wäre es grenzwertig über diese beiden Gestalten, welche sagen wir mal am 7. Dezember z.B. in Hilpoltstein, in einer Gaststätte, ich gebe ihr mal einen Namen – hm – „Scharzes Roß“, zu Abend gegessen hätten, zu berichten. Diese beiden Geschäftsreisenden hätten kein gutes Haar an nichts gelassen. Unüberhörbar für den halben Gastraum.
Wäre so ein Vorgehen moralisch verwerflich? Begäbe man sich niveautechnisch auf die gleiche Stufe der Egomanen? Hm
Wie öffentlich darf „Ärger“ werden? Unser Sprachrohr ist immens gewachsen. Facebook zeigt es ganz deutlich welche „Lawinen“ losgetreten werden können.
Öffentlich anprangern – verwerflich oder legitim? Überfordert der technische Fortschritt unser menschliches Handeln? Kommen wir nicht hinterher im moralischen Anpassen?
Wie ist mein persönlicher Umgang mit dieser schnell erreichbaren Öffentlichkeit?
Überschreite ich eine moralische Grenze oder mache ich mir einfach zuviele Gedanken darüber? Wir sind als Menschen im Netz unterwegs. Darf es dann auch menscheln? Potenziert es sich dort, so dass ein viel reflektierteres Handeln von Nöten ist?
So eine Geschichte über ein Abendessen kann ungeahnte Fragen aufwerfen.
Vielleicht nur für mich oder auch für manchen von euch.
Oh, oh, oh….
Kenne diese Situation auch. Leider aus der anderen Perspektive.
Ich hatte in meinem Kollegenkreis drei, vier Kolleginnen, die „auswärts“ kein Blatt vor den Mund genommen haben: erstens, was die Themen betrifft und zweitens bezüglich ihrer Redelautstärke. Da war das Dabeisitzen und Lachen schon strafbar! ….und für mich auch tatsächlich PEINLICH!!!
Wobei ich mich nicht als Unschuldslamm darstellen will! Das Lästermaul in uns kennen wir ja bestimmt alle. ABER: Wenn dann mal der ganze Gastraum Bescheid weiß, ist das doch „too much“…
Bei Arbeits-Mittagessen oder abendlichen Pizzarunden hatten die immer die Klappe richtig laut (megalaut! unangenehm laut!!!!) auf.
Wenn da die Tischnachbarn zu uns gekommen wären und um Ruhe gebeten hätten – Ich glaube, ich wäre im Erdboden versunken!!!!
Mittlerweile versuche ich auch meinen Kinder beizubringen, dass sie in Gaststätten auf die Nachbarn Rücksicht nehmen müssen, denn die möchten schließlich auch einen schönen Abend haben und ihr Essen genießen.
Kenne aber auch die andere „Seite“: Mann muss auch mal Dampf ablassen! – meinen die. Ohne Rücksicht auf Verluste. Notfalls auch mit Gewalt.
???
Zu den Kollegen: Inzwischen meide ich solche Lästermäuler. Das ist mir dermaßen zu blöd. Der Kontakt ist noch da, aber es ist mir sowas von zuwider und zu anstrengend, ständig das Thema wechseln wollen zu müssen (!!!).
Sagen wir mal so: Es treten andere Menschen in mein Leben und wenn mein Bauchgefühl mich warnt, mach ich einen groooooooooßen Bogen.
Zu deinem Erlebnis zurück: Ich schätze, ich hätte den Kellner gebeten, mir einen anderen Tisch zu besorgen. Dem direkten Konflikt mit deiner Krawall-Nachbarin wäre ich vermutlich aus dem Weg gegangen, denn meistens bringt das nix: Frech kommt weiter…. ;( Außerdem: Wenn ich was gesagt hätte, wäre ich längst nicht mehr so ruhig und freundlich geblieben wie du das beschreibst. Da wäre mein Abend gleich komplett im Eimer gewesen….
Asoziale Medien nutze ich genau aus diesem Grund nicht. Musste feststellen, dass die Leute, die ich zu kennen glaube, mit ihren fake-Profilen oftmals so überhaupt GAR NICHTS zu tun haben. 😉
FAZIT:
öffentlich anprangern: nicht legitim, moralisch sehr verwerflich!!!!
Ganz liebe Grüße und einen angenehmen Tag wünscht dir
Karin
Das ist dein Blog und du schreibst über die Dinge, Erlebnisse… die dich bewegen, sehr persönlich und nahbar. Darum mag ich deinen Blog auch so…
Offensichtlich hat dich dieses „Theaterstückchen“ sehr beschäftigt, sonst hättest du nicht diesen Artikel dazu verfasst. Ich kann das gut verstehen, grade auch wegen der Lautstärke. Und man kann wohl auch von Übergriffigkeit reden, denn deinen Abend konntest wohl nicht mehr genießen.
Du nennst keine Namen und zeigst keine Bilder der betreffenden Personen, also stellst du auch niemanden an den Pranger (das fände und finde ich schrechlich).
Aber deine Gedanken und Gefühle mit uns zu teilen finde ich wichtig, grade wenn’s unbequem wird.
Mach bitte weiter so, mit den vielen schönen Seitendes Lebens und den hin und wieder bescheuerten.
Also, ich hätte da wohl auch lieber um einen anderen Tisch gebeten. Wenn solche Leute erst mal so richtig in Fahrt sind, dann helfen auch freundliche Worte nichts mehr. Traurig, traurig. Die wären in irgend einer Stammtischkneipe sicher besser aufgehoben gewesen.
Dampf ablassen müssen wir alle immer mal wieder (Magengeschwür-Prävention), aber es so ostentativ in der Öffentlichkeit zu tun ist nicht nur moralisch verwerflich, es ist außergewöhnlich saublöd, denn die Agierenden blamieren sich damit lediglich selbst und stufen sich in der Wertschätzung anderer schlichtweg selbst herab… Solche Leute „fasse ich mit der Kneifzange nicht an“, bzw. lasse ihnen die Missachtung und Geringschätzung zukommen, die sie verdienen.
Würde ich auch so sehen, liebe Karin!